Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen ist von der Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes überzeugt und hat deswegen die Vollziehung eines Bescheides über die Festsetzung des Solidaritätszuschlages für das Jahr 2012 aufgehoben. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat es die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Die Antragsteller hätten ein besonderes berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, so das FG. Dabei verkenne es nicht, dass das Steueraufkommen aus dem Solidaritätszuschlag von mehr als 13 Milliarden Euro jährlich keine zu vernachlässigende Größe darstellt, deren Ausgleich erhebliche Anstrengungen des Staates nach sich ziehen würde. Jedoch habe der Anspruch des Steuerpflichtigen auf einen effektiven Rechtsschutz nicht schon dann zurückzutreten, wenn dem Staat nicht unerhebliche Einnahmeausfälle drohen.
Bei Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids sei dieser in der Regel von der Vollziehung auszusetzen. Nur im Ausnahmefall sei von einer Vollziehungsaussetzung wegen vorrangiger Interessen des Staates an einer geordneten Haushaltsführung abzusehen. Dieses Regel-Ausnahmeverhältnis würde nach Ansicht des FG aber in sein Gegenteil verkehrt, wenn schon nicht unerhebliche Einnahmeausfälle einer Aussetzung beziehungsweise Aufhebung der Vollziehung entgegenstünden. Vielmehr sei dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Haushaltsführung erst der Vorrang vor dem Individualinteresse an der Aussetzung beziehungsweise Aufhebung des fraglichen Steuerbescheids einzuräumen, wenn durch die damit drohenden Einnahmeausfälle die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben konkret gefährdet sei. Dies aber sei angesichts der aktuellen Rekordsteuereinnahmen nicht zu befürchten.
Finanzgericht Niedersachsen, Beschluss vom 22.09.2015, 7 V 89/14
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