Gläubiger, die den Erwerb von Genussrechten der insolventen Prokon Regenerative Energien GmbH & Co. KG vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Täuschung angefochten haben, werden nach dem Insolvenzplan nicht gegenüber anderen Gläubigern mit „Forderungen aus Genussrechten“ bevorzugt. Dies stellt das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein klar.
Die Kläger machen gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der insolventen Prokon Ansprüche wegen der Zeichnung von Genussscheinen geltend. Sie hatten in den Jahren 2009 bis 2012 Genussrechte der Prokon erworben. Später erklärten sie die Kündigung der von ihnen erworbenen Genussscheine und die Anfechtung des Genussrechtserwerbs wegen arglistiger Täuschung.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellte der Insolvenzverwalter einen Rückzahlungsanspruch der Kläger zur Insolvenztabelle fest. Im Juli 2015 wurde der Insolvenzplan des Insolvenzverwalters durch die Gläubiger mit Mehrheit angenommen. Der Insolvenzplan sieht die Einteilung der Gläubiger in unterschiedliche Gruppen vor, für die unterschiedliche Auszahlungs-, Beteiligungs- und Abfindungsquoten vorgesehen sind. Die Kläger sind jeweils der Gruppe 2 („Forderungen aus Genussrechten“) namentlich zugeordnet. Dieser Gruppe steht, anders als zum Beispiel der Gruppe 7, keine Barauszahlungsquote zu. Das Insolvenzgericht bestätigte den Plan. Der Bestätigungsbeschluss ist seit dem 20.07.2015 rechtskräftig.
Die Kläger meinen, dass sie wegen der von ihnen erklärten Anfechtungen des Genussrechtserwerbs in die Gläubigergruppe 7 einzuordnen seien, sodass ihnen Barauszahlungsansprüche zustünden.
Das Landgericht Itzehoe hat die Klagen in erster Instanz als unzulässig abgewiesen. Das OLG Schleswig hat die Berufungen aller Kläger gegen die landgerichtlichen Urteile zurückgewiesen. Die zulässigen Klagen seien unbegründet. Aufgrund des rechtskräftigen Insolvenzplans stehe zwischen den Parteien fest, dass die Kläger in die Gruppe 2 der Gläubiger einzuordnen sind. Die Kläger hätten den Plan im Insolvenzverfahren mit den dort gegebenen Rechtsmitteln nicht angefochten, sodass die Einordnung für sie bindend sei.
Die Einordnung der Kläger in die Gruppe 2 sei im Übrigen auch zutreffend. Die Kündigung des Genussrechtsvertrages durch die Kläger stehe dem nicht entgegen. Die Zugehörigkeit zur Gruppe 2 gelte nach den Regelungen des Insolvenzplans ungeachtet einer etwaigen Kündigung des Genussrechtsvertrages. Laut OLG kann auch dahinstehen, ob die Kläger den Genussrechtserwerb wirksam angefochten haben. Auch in diesem Fall wären sie nicht der Gruppe 7, sondern der Gläubigergruppe 2 zuzuordnen. Sie hätten dann einen Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Zwar enthalte der Insolvenzplan keine ausdrückliche Regelung zur Eingruppierung von Ansprüchen aus einer Anfechtung von Genussrechtszeichnungen. Eine Auslegung des Insolvenzplans ergebe jedoch, dass derartige Ansprüche auch der Gruppe 2 zuzuordnen sind. Entscheidendes Kriterium für die Eingruppierung von Gläubigern in diese Gruppe sei, dass sie Genussrechte gezeichnet haben. Gründe, die zur Unwirksamkeit des Erwerbsvertrages führen, sollen diese Einordnung nach dem Willen der Gläubiger nicht beeinflussen. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass zu dieser Gruppe ausdrücklich auch die Gläubiger gehören, die den Genussrechtsvertrag gekündigt oder widerrufen haben. Dass die Gläubigerversammlung die Bereicherungsgläubiger gegenüber den zurücktretenden oder widerrufenen Gläubigern bevorzugen wollte, sei nicht anzunehmen. Dementsprechend seien für die Gruppe 7 beispielhaft auch nur solche Gläubiger aufgezählt, deren Forderungen in keinerlei Zusammenhang mit einem Genussrechtserwerb stehen.
Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Urteile vom 06.04.2017, 11 U 96/16, 11 U 127/16 und 11 U 128/16
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Rechtsanwalt Sven Kaiser