Berliner Testament und Jastrowsche Klausel: Erbschaftsteuer bei betagten Vermächtnissen
Berliner Testament: Ehepaare setzen sich gegenseitig als Alleinerben ein. Die Kinder erben erst nach dem Tod des zweiten Elternteils.
Jastrowsche Klausel: Fordert ein Kind nach dem Tod des Erstverstorbenen seinen Pflichtteil, erhält es auch vom zweiten Elternteil nur den Pflichtteil. Diejenigen, die ihren Pflichtteil nicht verlangen, bekommen stattdessen ein betagtes Vermächtnis – also eine spätere Erbschaft, die erst mit dem Tod des zweiten Elternteils fällig wird.
Steuerliche Behandlung betagter Vermächtnisse
Ein betagtes Vermächtnis wird nicht sofort fällig. Deshalb kann der überlebende Ehegatte es nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehen. Die Kinder müssen es erst bei der Erbschaft des zweiten Elternteils versteuern.
Beispielfall: Erbschaft und Steuerstreit
Ehepaar mit Berliner Testament: Sie setzen sich als Alleinerben ein. Nach dem Tod des zweiten Elternteils sollen vier Kinder erben, zwei sind enterbt.
Nach dem Tod des Vaters: Zwei enterbte Kinder fordern ihren Pflichtteil. Die Klägerin und ihre Geschwister verzichten und erhalten dafür ein betagtes Vermächtnis.
Nach dem Tod der Mutter: Das Finanzamt verlangt Erbschaftsteuer von der Klägerin für das Vermächtnis, erkennt es aber nicht als Nachlassverbindlichkeit an.
Streitpunkt: Die Klägerin meint, das Vermächtnis sei doppelt besteuert worden.
Gerichtsurteil: Keine doppelte Besteuerung
Das Finanzgericht und der BFH entschieden: Keine Doppelbesteuerung, da die Steuer erst beim Tod der Mutter fällig wurde.
Beim Tod des Vaters ging der gesamte Nachlass an die Mutter, ohne Abzug des betagten Vermächtnisses.
Beim Tod der Mutter musste die Klägerin das Vermächtnis versteuern, konnte aber die Vermächtnisschuld als Nachlassverbindlichkeit abziehen.
Fazit: Erbschaftsteuer kann zweimal anfallen
Betagte Vermächtnisse nach der Jastrowschen Klausel können dazu führen, dass zwei Erbschaftsteuerfälle entstehen:
Beim Tod des Erstverstorbenen wird das gesamte Erbe auf den überlebenden Ehegatten übertragen.
Beim Tod des zweiten Elternteils fällt das Vermächtnis an die Kinder, die es versteuern müssen.
Das ist aus steuerlicher Sicht ungünstig, aber rechtlich zulässig. Die Klausel soll sicherstellen, dass der überlebende Ehegatte finanziell abgesichert bleibt.