Die Bundesrepublik Deutschland trifft keine Amtshaftung wegen einer fehlerhaften Umsetzung der EU-Leiharbeiterrichtlinie (RL 2008/104/EG). Sofern die Umsetzung überhaupt fehlerhaft sei, fehle es zumindest an dem nach EU-Recht erforderlichen offenkundigen Verstoß, führt das Landgericht (LG) Berlin aus. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Berufung zum Kammergericht ist möglich.
Die Klägerin war als Diplom-Psychologin in den Jahren 2009 bis 2014 durchgehend in einer Klinik in Brandenburg tätig. Den zunächst zeitlich befristeten und zuletzt unbefristeten Arbeitsvertrag hatte sie jedoch nicht mit der Klinik abgeschlossen, sondern mit konzerneigenen Personalservicegesellschaften auf der Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Im Rahmen dieser Verträge bezog die Klägerin ein geringeres Gehalt als die bei der Klinik unmittelbar Beschäftigten. Deswegen hatte sie zunächst Klage vor den Arbeitsgerichten erhoben und wollte die Feststellung erreichen, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der Klinik bestehe. Der Gang bis vor das Bundesarbeitsgericht blieb allerdings erfolglos.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Bundesrepublik Deutschland auf Schadenersatz wegen des behaupteten Minderverdienstes in Höhe von insgesamt circa 33.000 Euro brutto in Anspruch genommen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Leiharbeiterrichtlinie verbiete eine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung ohne vollen Lohnausgleich. Das AÜG enthalte zwar ein Verbot der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung, knüpfe aber keine Sanktion an einen Verstoß. Dadurch sei die Bundesrepublik nicht den Anforderungen der EU-Richtlinie nachgekommen.
Das LG Berlin wies die Klage ab. Es ließ nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung offen, ob die Richtlinie überhaupt fehlerhaft umgesetzt worden sei. Jedenfalls fehle es an dem nach dem EU-Recht erforderlichen offenkundigen Verstoß. Denn der Gesetzgeber habe bei der Umsetzung von EU-Recht in das nationale Recht einen weiten Spielraum.
Landgericht Berlin, Urteil vom 22.02.2016, 28 O 6/15
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Dominique Engelhardt