Ein Steuerpflichtiger hat einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch hinsichtlich der Besteuerung eines Konkurrenten unbeschadet des Steuergeheimnisses dann, wenn er substantiiert und glaubhaft darlegt, durch eine aufgrund von Tatsachen zu vermutende oder zumindest nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließende unzutreffende Besteuerung eines Konkurrenten konkret feststellbare, durch Tatsachen belegte Wettbewerbsnachteile zu erleiden und gegen die Steuerbehörde mit Aussicht auf Erfolg ein subjektives öffentliches Recht auf steuerlichen Drittschutz geltend machen zu können. Hierauf weist das Finanzgericht (FG) Hessen hin. Kommt ernstlich in Betracht, dass ein Unternehmen durch die rechtswidrige Besteuerung der konkurrierenden Leistungen eines gemeinnützigen Vereins mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz Wettbewerbsnachteile von erheblichem Gewicht erleidet, könne es unbeschadet des Steuergeheimnisses vom Finanzamt Auskunft über den für den Konkurrenten angewandten Steuersatz verlangen.
Wird ein Steuerpflichtiger rechtswidrig nicht oder zu niedrig besteuert, würden dadurch in der Regel Rechte eines an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligten Dritten nicht verletzt. Anders sei es nur, wenn die Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung gegen eine Norm verstößt, die nicht ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere im öffentlichen Interesse an der gesetzmäßigen Steuererhebung und Sicherung des Steueraufkommens erlassen wurde, sondern zumindest auch dem Schutz der Interessen einzelner an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligter Dritter zu dienen bestimmt ist. Danach genüge nicht die Verletzung von Normen, bei denen der Dritte nur infolge einer Reflexwirkung der Normanwendung begünstigt wird.
Die Auskunftserteilung setzt laut FG nicht die Feststellung voraus, dass dem Auskunftsantragsteller die von ihm behaupteten Rechte, die er auf der Grundlage der ihm erteilten Auskunft verfolgen möchte, tatsächlich zustehen. Für das Eingreifen von § 30 Absatz 4 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit Absatz 2 Nr. 1a AO genüge, dass die Auskunft der Durchführung eines Verfahrens in Steuersachen dient, also geeignet ist, dort im Rahmen einer rechtlichen Argumentation mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg sinnvoll verwendet zu werden. Voraussetzung für die Auskunftserteilung sei danach nicht, dass der gegenüber dem Konkurrenten ergangene Bescheid den Auskunftssuchenden in seinen Rechten verletzt. Er habe Anspruch auf die von ihm begehrte Auskunft vielmehr schon dann, wenn die Erhebung einer erfolgversprechenden Klage gegen diesen Bescheid in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht deshalb von vornherein ausgeschlossen erscheint, weil klar und eindeutig ist, dass Rechte des Klägers durch die steuerliche Behandlung der Umsätze des Konkurrenten nicht verletzt sind.
Finanzgericht Hessen, Urteil vom 11.12.2018, 4 K 977/16
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