Eine Schule ist kein Arbeitsplatz im Sinne der Allgemeinen Reiserücktrittsversicherungsbedingungen. Ein Schulwechsel fällt deswegen – anders als der Wechsel des Arbeitsplatzes – nicht unter den Versicherungsschutz, wie das Amtsgericht (AG) München entschieden hat.
Der Kläger hatte einen Reiserücktrittsversicherungsvertrag abgeschlossen. Seine mitversicherte minderjährige Tochter hatte sich für das parlamentarische einjährige Patenschafts-Programm 2016/17 beworben, jedoch zunächst eine Absage erhalten. Nach Erhalt der Absage buchte der Kläger unter anderem auch für seine Tochter für den 23.09.2016 einen Flug von Dresden nach San Francisco und einen Rückflug für den 09.10.2016. Mit Schreiben vom 10.02.2016 wurde ihm dann aber mitgeteilt, dass die Tochter nun doch an dem Patenschafts-Programm mit Beginn am 11.08.2016, also zeitlich vor den gebuchten Flügen, teilnehmen könne. Deswegen stornierte er die Flüge für die Tochter. Die Stornierungskosten in Höhe von rund 890 Euro stellte der Kläger der beklagten Versicherung in Rechnung. Diese weigerte sich zu zahlen.
Der Kläger meint, es liege ein Versicherungsfall vor. Seine Tochter habe sich zum Zeitpunkt der Reisebuchung in der Schulausbildung befunden. Der Schulbesuch stehe einem Arbeitsplatz gleich. Denn bei der Teilnahme an der Schulausbildung handele es sich um eine Pflicht des minderjährigen Kindes. Sein Arbeitsplatz sei die Schule, die das Zentrum seiner Beschäftigung bilde. Bei der Teilnahme an dem Patenschafts-Programm liege somit ein Arbeitsplatzwechsel vor, weshalb die Beklagte einstandspflichtig sei.
Das AG München wies die Klage ab, da der Schulwechsel der Tochter des Klägers keinen Versicherungsfall darstelle. Die Fälle, in denen Versicherungsschutz bestehe, seien in den Allgemeinen Vertragsbedingungen ausdrücklich und abschließend benannt. Unter Punkt 1.e der allgemeinen Vertragsbedingungen heiße es: „Arbeitsplatzwechsel der versicherten Person oder einer mitreisenden Risikoperson (…).“ Ein solcher Arbeitsplatzwechsel der Tochter des Klägers liege hier nicht vor. Auch wenn der Schulbesuch verpflichtend sein möge, sei die Schule kein Arbeitsplatz des Schülers. Der Schulbesuch diene vielmehr dem Verschaffen einer Ausbildung, aufgrund derer eine Lehre oder ein anderweitiger Arbeitsplatz gesucht werden kann. Diese Vorbereitung möge zwar die Grundlage für das Erlangen eines Arbeitsplatzes sein, sei aber nicht mit einem solchen gleichzusetzen. Ein Schulwechsel oder die Inanspruchnahme eines Stipendiums mit der Teilnahme am Patenschafts-Programm stelle daher keinen Arbeitsplatzwechsel dar, so das Gericht.
AG München, Urteil vom 29.03.2017, 273 C 2376/17
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Dominique Engelhardt