Behält es sich der Arbeitgeber vertraglich vor, über die Höhe eines Bonusanspruchs nach billigem Ermessen zu entscheiden, unterliegt diese Entscheidung der vollen gerichtlichen Überprüfung. Entspricht sie nicht billigem Ermessen, ist sie gemäß § 315 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unverbindlich und die Höhe des Bonus durch das Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien festzusetzen. Dies stellt das Bundesarbeitsgericht (BAG) klar.
Der Kläger war vom 01.01.2010 bis zum 30.09.2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, als Managing Director beschäftigt. Vertraglich war vereinbart, dass er am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan teilnimmt. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung erhielt er für das Geschäftsjahr 2009 eine garantierte Leistung in Höhe von 200.000 Euro, für das Geschäftsjahr 2010 eine Leistung von 9.920 Euro. Für 2011 erhielt der Kläger keinen Bonus oder Deferral Award. Andere Mitarbeiter erhielten Leistungen, die sich der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte der jeweiligen Vorjahresleistung bewegten.
Mit der Klage begehrte der Kläger die Zahlung eines Bonus für das Geschäftsjahr 2011, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellte, mindestens aber 52.480 Euro. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung eines Bonus in Höhe von 78.720 Euro verurteilt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, die eine gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe ermöglichten.
Die Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg. Der Kläger habe nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien einen Anspruch auf einen Bonus und/oder Deferral Award, der nach billigem Ermessen festzusetzen gewesen sei, so das BAG. Mangels hinreichender Darlegungen der Beklagten zur Berechtigung der Festsetzung auf Null für das Jahr 2011 sei diese Festsetzung unverbindlich. Die Leistungsbestimmung habe in einem solchen Fall gemäß § 315 Absatz 3 Satz 2 BGB durch das Gericht zu erfolgen. Grundlage dafür sei der Sachvortrag der Parteien; eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn gibt es laut BAG nicht.
Äußere sich der bestimmungsberechtigte Arbeitgeber zu bestimmten Faktoren nicht, gehe dies nicht zulasten des Arbeitnehmers. Von diesem könne kein Vortrag zu Umständen verlangt werden, wie zum Beispiel der Höhe eines Bonustopfes, die außerhalb seines Kenntnisbereichs liegen. Auf die Erhebung einer Auskunftsklage könne er regelmäßig nicht verwiesen werden. Vielmehr sei die Leistung durch das Gericht aufgrund der aktenkundig gewordenen Umstände (zum Beispiel Höhe der Leistung in den Vorjahren, wirtschaftliche Kennzahlen, Ergebnis einer Leistungsbeurteilung) festzusetzen. Eine gerichtliche Leistungsfestsetzung scheide nur dann ausnahmsweise aus, wenn jegliche Anhaltspunkte hierfür fehlten. Dies sei hier entgegen der Auffassung des LAG nicht der Fall gewesen, so das BAG. Da die gerichtliche Bestimmung der Leistung nach § 315 Absatz 3 Satz 2 BGB regelmäßig Sache der Tatsacheninstanzen ist, hat das BAG den Rechtsstreit zur Festsetzung der Bonushöhe für das Geschäftsjahr 2011 an das LAG zurückverwiesen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 03.08.2016, 10 AZR 710/14
Sie haben Fragen zum Thema?
Wenden Sie sich gerne an Ihren Ansprechpartner für Arbeitsrecht
Dominique Engelhardt